Nieselregen
Immer hat sie versucht unterzugehen, in der Menge zur verschwinden, um nicht ihr Opfer zu werden und vielleicht unauffällig ein Teil von ihnen zu werden. Ihre Träume und Leidenschaften hat sie unterdrückt, ihnen nur Zuhause Luft zum Atmen und reifen gegeben. Es war anstrengend. Es hat sie kaputt gemacht. Sie war am Boden und wollte nicht mehr aufstehen. Keinen Schritt mehr gehen. Nicht vor ihnen weglaufen, aber auch nicht entgegen. Unsichtbar sein. Sie wollte einfach leben. Die Anderen haben trotzdem einen Bogen um sie gemacht, sie überhaupt nicht beachtet. Wie Nieselregen. Wie Staub. Wie die kleine Wolke neben der Großen; die Große, die die Sonne verdeckt.
Sie hat lange gebraucht um zu verstehen, dass ihr diese Methode nicht hilft, dass es sie nur unglücklich macht. Und dass man, wenn man versucht unauffällig zu sein, am auffälligsten ist.
Da färbte sie sich die Haare blau, trug die Klamotten die keiner trug, stand zu ihrer Lieblingsmusik und lachte über das, was sonst keiner lustig fand. Alle schauen sie an. Fangen an über sie zu reden, nehmen sie wahr. Sie finden sie interessant. Sie ist nicht langweilig, sie ist anders.
Sie ist glücklich.
Sie will lieber die Große Wolke sein, die die Sonne, den Scheinwerfer der Cliquen, verdeckt. Ein Gewitter, das Einfluss auf den Alltag der Anderen nimmt, will sie sein. Lieber merkwürdig, als langweilig. Denn wer merkwürdig ist, wird so schnell nicht vergessen. Langeweile dagegen macht vergesslich, zu mindestens bei Menschen.