Dienstag, 25. November 2014
Einen Versuch ist es wert
Vera wusste von Anfang an, es würde ein schlechter Tag werden, schon als sie aus dem Bett stieg. Sie fand nichts, was sie gerne getragen hätte, die Milch war leer, weshalb sie ihr Müsli wohl oder übel mit Jogurt essen musste. Und dann war sie auch noch zu spät und musste die Treppe hinunter hetzen, wobei sie ihre Nachbarin rempelte. „Können sie nicht aufpassen?!“, rief ihr die Frau nach und schüttelte verständnislos den Kopf, als Vera sich nicht entschuldigte und stumm die Treppen hinunter rannte. Der Bus fuhr ihr gerade vor der Nase weg, obwohl sie ihm noch aufgebracht signalisierte, stehen zu bleiben. Mürrisch setzet sie sich auf den Platz an der Bushaltestelle und wartete. „Guten Tag, ist da noch frei?“, fragte eine ältere Dame und deutete auf den Platz neben Vera. „Ja“, grummelte sie nicht gerade freundlich und nahm ihre Handtasche von der Bank. Die Zeit schien stillzustehen und es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis endlich der Bus vorfuhr. Sie setzte sich an einen Fensterplatz und beobachtete, wie eine Bushaltestelle nach der anderen vorbeizog. An der Uni stieg sie aus und rannte zu ihrem Unterrichtssaal. Sie riss die Tür auf und starrte in die verwirrten Blicke ihrer Mitstudenten und die des Professors. Sie war normalerweise immer pünktlich. Ohne ein Wort ging sie schnell auf ihren Platz. Neben ihr saß ein Mann, den sie zum ersten Mal hier sah. „Hallo, ich bin Lars. Ich habe mein Studienfach gewechselt und schaue jetzt mal hier rein!“, sagte er und schaute Vera erwartungsvoll an. „Aha!“, sagte sie nur und versuchte hektisch Ordnung in ihre Unterlagen zu bringen, die sie morgens noch schnell vom Tisch zusammengesucht hatte. Enttäuscht drehte sich Lars wieder nach vorne und hörte dem Professor zu. Dieser blickte überrascht zu Vera hinüber, als sie die Frage, die er gerade gestellt hatte, beantworten wollte. „Ich glaube sie sollten sich mal zurückhalten.“ Normalerweise war der Professor immer sehr freudig über ihrer Antworten. Aber es war ein schlechter Tag, wie Vera von Anfang an gewusst hatte.
Luna hatte das Gefühl, es würde kein guter Tag werden, aber sie wollte sich nicht direkt aus der Bahn werfen lassen. Als sie nichts Schönes zum anziehen fand, zog sie noch einmal dasselbe an, wie am Vortag, würde schon keinem auffallen. In der Küche stellte sie fest, dass sie vergessen hatte Milch zu kaufen und aß daher ihr Müsli mit Jogurt, was eigentlich auch nicht schlecht schmeckte, das könnte sie öfter essen. Leider war sie etwas spät dran und beeilte sich die Treppen ihres Hauses hinunter zu laufen. Dabei rempelte sie ausversehen ihre Nachbarin. „Oh, das tut mir leid, ich war etwas in Eile!“, entschuldigte sie sich und half der Nachbarin schnell, die Post aufzusammeln. „Ist doch nicht schlimm, gehen sie nur, wenn sie es eilig haben!“, erwiderte sie freundlich und lächelte Luna zu. Die wünschte ihr noch einen schönen Tag und eilte hinunter zur Bushaltestelle. Leider schaffte sie es nicht mehr, den Bus aufzuhalten und musste daher auf den nächsten warten. Sie setzte sich und sortierte ihre Notizen für den Unterricht, die sie noch schnell ergriffen hatte, bevor sie die Wohnung verlassen hatte. „Guten Tag, ist da noch frei?“, fragte eine ältere Dame und deutete auf den Platz neben Luna. „Ja natürlich, Verzeihung!“, sagte Luna, als sie schnell ihre Tasche von der Bank nahm. „Kein Problem. Wo wollen sie denn hin?“, erkundigte sich die Frau. Luna erzählte von ihrem stressigen Morgen und die Frau begann grade eine Geschichte aus ihrer Studienzeit, als schon Lunas Bus kam. „Tut mir leid, aber das ist mein Bus. War schön mit ihnen geredet zu haben!“, verabschiedete sie sich und stieg in den Bus. An der Uni verließ sie den Bus wieder und lief schnell zu ihrem Unterrichtssaal. Sie klopfte bevor sie die Tür öffnete. „Entschuldigen sie die Verspätung, ich habe meinen Bus verpasst!“ „Nicht schlimm, setzten sie sich schnell, wir steigen gerade in das Thema ein!“, meinte der Professor. An ihrem Tisch saß ein neuer Mann. „Hallo, ich bin Lars. Ich habe mein Studienfach gewechselt und schaue jetzt mal hier rein!“, sagte er und lächelte Luna an. Sie lächelte zurück. „Ich bin Luna. Freut mich dich kennenzulernen.“ Lars war wirklich sehr nett und Luna unterhielt sich während der Stunde noch viel mit ihm. Am Ende verabredeten sie sich auf einen Kaffee am Nachmittag. Der Tag hatte sich doch noch zum Guten entwickelt.